Schülerinnen und Schüler des Camerloher präsentierten im Rahmen des Fachtags „Antworten auf Salafismus 2.0“ am 5. März 2020 in München ihre Geschichten, die im Wahlkurs „Graphic Novels“ entstanden sind. Die Schülerinnen und Schüler hatten in monatelanger Auseinandersetzung unterschiedliche Graphic Novels erarbeitet, die sich mit den Gründen für Radikalisierung beschäftigen.

"Bekämpfung von Hass im Netz und Bekämpfung von Extremismus gehen Hand in Hand.“ – Dies ist eine der zentralen Aussagen von Justizminister Georg Eisenreich im Rahmen der Paneldiskussion des Fachtages „Antworten auf Salafismus 2.0“ am 5. März 2020 in der Gaszählerwerkstatt München. Veranstaltet vom „Bayerischen Netzwerk für Prävention und Deradikalisierung gegen Salafismus“ war dieser Fachtag sehr prominent besetzt. Neben dem Justizminister nahmen auch der Bayerische Innenminister Joachim Herrmann, die Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales Carolina Trautner und der renommierte Terrorismusexperte Prof. Dr. Peter Neumann daran teil. Schwerpunkt von Neumanns einführendem Vortrag war die Rolle des Internets und der sozialen Medien bei der Radikalisierung von jungen Menschen – egal ob sich diese im rechten oder im religiös radikalen Spektrum vollzieht. Es ist die kumulative Wirkung von Hassbotschaften, gewaltverherrlichenden Bildern und Videoclips gepaart mit der Bildung von Filterblasen, die  Radikalisierungsprozesse bei jungen Menschen beschleunigen. Allerdings vollzieht sich eine Radikalisierung selten ausschließlich online; auch im wirklichen Leben zeigt ein junger Mensch in seinem Verhalten und seinen Beziehungen zu Mitmenschen Anzeichen einer zunehmend extremistischen Einstellung. Und da gelte es für das Umfeld, sorgsam zu sein und präventiv zu handeln, so die Staatsministerin Trautner im Rahmen der Gesprächsrunde.

Die Problematik wurde jedoch nicht nur aus wissenschaftlicher und politischer Sicht beleuchtet. Am Nachmittag wurden drei ganz konkrete Präventionsansätze präsentiert. Die Landeszentrale für Politische Bildung stellte ihre aktuellen multimedialen Angebote für Jugendliche zur Vermeidung von Manipulation vor.

Ein weiterer Höhepunkt des Fachtages war das dritte Panel, in dem Schülerinnen und Schüler von vier bayerischen Gymnasien und einer FOS zusammen mit ihren Lehrkräften selbst entwickelte Unterrichtsprojekte zum Thema Radikalisierung präsentierten. Auch das Camerloher-Gymnasium war mit zwei zehnten Klassen vertreten. Die Schülerinnen und Schüler stellten ihre Geschichten vor, die im Rahmen des Wahlkurses „Graphic Novels“ entstanden sind. Begleitet wurden sie von ihrer

Kunstlehrerin Judith Treimer-Schebler, Schulleiterin Andrea Bliese und Beratungslehrerin Silke Hatzinger. Zudem waren die Arbeiten der Schülerinnen und Schüler des Camerloher-Gymnasiums auf Schautafeln im Foyer des Tagungsraums ausgestellt. Die Graphic Novels boten zusammen mit den Arbeiten der weiteren eingeladenen Schülergruppen aus Würzburg, München und Straubing den Rahmen für die Veranstaltung.

Die Schülerinnen und Schüler hatten in monatelanger Auseinandersetzung unterschiedliche Graphic Novels erarbeitet, die sich auf differenzierte Weise mit der Thematik und den Gründen für Radikalisierung beschäftigen. Nachdem Silke Hatzinger, Regionalbeauftragte für Demokratie und Toleranz und gleichzeitig Beratungslehrerin am Camerloher-Gymnasium, zu Beginn des Schuljahrs fundiert in das schwierige Thema eingeführt hatte, machten sich die Schülerinnen und Schüler im Kunstunterricht daran, eine für sie nachvollziehbare und interessante Handlung zu entwickeln, ohne gängige Stereotype oder Ressentiments zu bedienen oder Faszination für das Radikale wecken. Besonderes Augenmerk legten die Schülerinnen und Schüler auf die Entwicklung der Radikalisierungsdramaturgie und des Ausgangsszenarios. Was kann dazu führen, dass ein junger Mensch empfänglich wird für eine Form der Radikalisierung? Die einzelnen Gruppen entwickelten sehr unterschiedliche Ausgangssituationen, die alle gemeinsam hatten, dass eine zunächst sicher und gefestigt wirkende Lebenssituation einen Einbruch erfährt, der sie durchlässig macht für neue Einflüsse. Wohin der Protagonist, der sich nach Stärke und Aufmerksamkeit sehnt, dann „verführt“ wird, stand letztendlich nicht im Vordergrund. Vielmehr wollten die Schülerinnen und Schüler untersuchen und darstellen, welche Faktoren dazu führen können, dass Jugendliche wie sie empfänglich werden können für verschiedene Formen der Radikalisierung.

Besonders begeistert waren die Schülerinnen und Schüler, dass sie im Rahmen des Fachtages Gelegenheit hatten, an einem Workshop der preisgekrönten Graphic-Novel-Zeichnerin Katharina Greve teilzunehmen. Sie war extra aus Berlin gekommen und gab den Schülerinnen und Schülern Einblick in ihre eigene Arbeit. Auch für Beratungen zu den Schülerprojekten stand die professionelle Zeichnerin zur Verfügung.

Die intensive Auseinandersetzung der Schülerinnen und Schüler im Vorfeld und während des Zeichnens der Graphic Novels wurde besonders deutlich, als sie auf großer Bühne ihre Projekte und Gedanken zum Thema souverän präsentierten. Im Gespräch mit dem Fachpublikum wurde augenscheinlich, wie wichtig es ist, dass Jugendliche nicht nur Rezipienten gut gemeinter Präventionsprojekte sind, sondern ernst genommen und selbst mit der Ratlosigkeit und den Fragen konfrontiert werden, die das Phänomen der Radikalisierung aufwirft.

Silke Hatzinger und Judith Treimer-Schebler