Anlässlich der Europawahlen haben Schülerinnen und Schüler der SMV auch heuer wieder eigeninitiativ und völlig selbstständig eine Podiumsdiskussion für die Jahrgangsstufen 10 bis 12 organisiert. Und das Podium war mit Politikern aus der Landespolitik, die allesamt Abgeordnete im Bayerischen Landtag sind, hochkarätig besetzt. In rund zweieinhalb Stunden Diskussion gaben Ulrike Scharf, Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales, Johannes Becher, stellvertretender Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen, und Doris Rauscher, Vorsitzende des Sozialausschusses im Bayerischen Landtag einen vertieften Einblick in ihre Arbeit.

 

Nach der Begrüßung durch die Schulleiterin Andrea Bliese sprach Landrat Helmut Petz einleitend ein Grußwort, in dem er den Wert von gelebter Demokratie vor dem Hintergrund der aktuellen Gefährdungen dieser betonte. Anschließend stellten sich die Podiumsteilnehmer kurz selbst vor, bevor es mit den Fragen an die Politiker losging, die vorher im Politikunterricht gesammelt worden sind. Diese reichten thematisch von den grundsätzlichen Aufgaben von Regierung und Opposition über sozialen Wohnungsbau bis hin zur Digitalisierung an den Schulen.

Dabei wurde sachlich, konstruktiv und sehr differenziert auf die Fragen der beiden Moderatoren Noah Renkl (Q12) und Sebastian Dohmen (Abiturjahrgang 2023) eingegangen. Bei allen Podiumsteilnehmern herrschte etwa Konsens, dass die Digitalisierung an den bayerischen Schulen einen Mehrwert für die Schülerinnen und Schüler haben müsse und diese nicht nur eine Frage der Gerätebeschaffung und Ausstattung sein könne. Die Rolle der Schule sei insbesondere zu sensibilisieren wie etwa für deep fakes, wie Johannes Becher betonte. Auch dass es umfassende Lehrerfortbildungen dazu geben müsse, waren sich alle einig.

Wichtig war den Schülerinnen und Schülern auch die Frage der Gefährdung unserer Demokratie. Abgeordnete Rauscher berichtete, dass es in ihrer ersten Legislatur im Bayerischen Landtag stets einen fairen Austausch mit gegenseitigem Respekt gegeben habe. Seit 2018 wehe aber leider ein anderer Wind im Umgang miteinander. Frau Staatsministerin mahnte, dass es nicht sein könne, dass Abgeordnete den Plenarsaal verlassen, wenn die Shoah-Überlebende Charlotte Knobloch dort spricht. Ein mögliches Verbot der AfD konnten und wollten die Podiumsteilnehmer nicht abschließend beurteilen, da es sich um eine komplexe juristische Frage handele. Ulrike Scharf wies aber darauf hin, dass man damit wieder mediale Aufmerksamkeit für die AfD generiere und sie ins Schaufenster stellte. „Wir müssen für das sensible und zerbrechliche Gebilde der Demokratie eintreten“, appellierte sie eindringlich und ergänzte: „Dass sich so viele Menschen dafür auf den Weg machen, werte ich als sehr gutes Zeichen.“

Doris Rauscher pflichtete bei: „Wir können es nicht einfach laufen lassen. Wir müssen sehr aufpassen, was durch die AfD passiert.“ Sie mache sich sehr große Sorgen. Demokratie sei kein Automatismus, hier seien wir alle gefordert. Den Schülerinnen und Schülern gab sie mit, stets wachsam zu sein. Auch Johannes Becher macht sich in diesem Zusammenhang sehr große Sorgen und verwies auf die vielen Parallelen zu Entwicklungen in der Weimarer Republik. Die vielen Menschen auf der Straße bei den sehr zahlreichen Protesten wie etwa in München ermutigten ihn zwar. Aber es bestünde die reale Gefahr, dass im Herbst ein Mann, den man offiziell einen Faschisten nennen darf, Ministerpräsident von Thüringen werden könne. Auch Johannes Becher rief deshalb eindringlich dazu auf, gemeinsam die Demokratie zu stärken und zu verteidigen. Er fasste sich aber auch an die eigene Nase. Alle demokratischen Parteien müssten echte Lösungen finden für die vielfältigen Probleme und besser kommunizieren, dass der Kompromiss zur Demokratie dazu gehört: „Wir als demokratische Parteien müssen auch noch ein Stück besser werden.“

Größere Uneinigkeit unter den Diskutanten bestand nur bei zwei der spontanen Schülerfragen am Ende der Podiumsrunde, in denen es um das bayerische Genderverbot an Hochschulen und Schulen und die Legalisierung von Cannabis ging. Staatsministerin Ulrike Scharf war es wichtig, zu betonen, dass die Gender-Sonderzeichen nicht barrierefrei sind. Alle Menschen sollen jedoch Texte verstehen und nachvollziehen können. Niemand werde damit aber verboten, so zu sprechen, wie er oder sie möchte. Frau Rauscher hielt dagegen, dass das Genderverbot nicht inkludierend, sondern exkludierend sei, und bezeichnete dieses als „unnötig und unmöglich“.

Die zweieinhalb Stunden vergingen wie im Flug und die beiden Moderatoren hätten noch zahlreiche Fragen mehr gehabt an die Diskutanten. Sie bedankten sich bei diesen und Landrat Petz ganz herzlich und ließen vorzeitig einen Osterhasen mit Schokoeiern kommen.

Auch wir sagen ganz herzlich „Danke“ den Organisatoren und Moderatoren sowie allen aktiv Beteiligten für die sehr bereichernde und äußerst konstruktive Diskussionsrunde, die ganz im Zeichen der gelebten Demokratie stand.