In seiner Begrüßungsrede stellte Rodolphe Haimann dar, wie er vor fast 3 Jahren die Idee hatte, am Camerloher-Gymnasium seine Erfahrungen als Komponist mit interessierten Schülern in einem Wahlunterricht „Komposition“ zu teilen und weiterzugeben.
Die Fragen waren dabei: Geht das überhaupt? Kann man Komposition lehren? Gibt es Erfahrungen an anderen musischen Gymnasien? Tonsatz, Kontrapunkt, Harmonielehre, Instrumentationslehre, Werkanalyse und Stilkunde; alle diese Fächer, die eigentlich zu einem vollwertigem Kompositionsstudium dazu gehören, kann man in einer Doppelstunde nicht unterrichten. von J.Paul

Aber das Hören kann man lernen. Daher gehört ein wilder Stilmix unterschiedlichster Hörbeispiele von der Ars antiqua des 14 Jahrhunderts bis zum kanadischen Punk der Neuzeit zur musikalischen Meinungsbildung zu Beginn einer jeden Stunde auf dem Kursplan.

Da der Kurs auch noch klassenübergreifend ist, d.h. Schüler der 5. Klasse bis zur Q12 werden gleichzeitig versorgt, können die Voraussetzungen nicht unterschiedlicher sein.

So muss der „Kunstgriff“ darin bestehen, die jungen Komponisten dort abzuholen, wo sie nun mal stehen und in ihrem Machen zu unterstützen, Impulse zu geben und zu ermuntern, und trotzdem dabei mit Kritik nicht zu sparen. Die erstaunlichen Ergebnisse dieser Ermunterung können sich in der Tat hören lassen.

Gleich zu Beginn intonierte die Gruppe „Chiave“, bestehend aus den Sängerinnen Felicitas Höfler, Cordula Kraetzl (10c), Franka Weidlich und Elisabeth Fußeder Q11 das vierstimmige „Agnus Dei“ aus einer Messe, die Elisabeth Fußeder gerade komponiert und zeigte eindrucksvoll, dass eine Grundbedingung für Musik die Stille ist. Wunderbar ruhig und harmonisch durchaus mutig gesetzt, hüllte dieses „Agnus Dei“ das Publikum gleich in eine von gefesselter Aufmerksamkeit gespannte Atmosphäre, die das ganze einstündige Konzert über ungebrochen anhalten sollte.

Mit drei kleinen Stücken, komponiert von Emanuel Brennich (6a), zwei davon für Klavier solo, eines für Violine und Klavier, wobei der Komponist selber die Geige spielte, jeweils begleitet von Thomas Noichl, der an diesem Abend mit der Uraufführung so einiger Klavierstücke durchaus gefordert war, ging es weiter.

Schon die Titel: „Comedy Music“ und „Das Ding mit der Geige“ lassen Emanuels Witz durchblitzen, das dritte Stück, die „Mazurka“ hätte auch als spät entdecktes experimentelles Frühwerk Chopins die Fachwelt begeistern können.

Als äußerst fleißiger Komponist stellte sich Johannes Wiedenhofer (6a) mit seinen „Sechs Klavierstücken Op.1“ vor. Faszinierend, mit welch tiefem Verständnis dieser junge Tonsetzer die musikalische Stilsprache der Klassik und beginnenden Romantik verinnerlicht, und, was er daraus gemacht hat. Spannend auch zu sehen, wie konzentriert Johannes seinen eigenen Klavierkompositionen lauschte, während Thomas Noichl diese interpretierte. Man darf gespannt sein, was dieser Komponist uns künftig noch alles präsentieren wird.

Musikalisch in eine völlig andere Welt entführte Lucinda Schönfeld (Q12) das Publikum. Als Interpretin ihrer eigenen 5 Klavierstücke ging es auch akustisch in eine andere Dimension. Extreme Gegensätze, sowohl in der Dynamik, als auch in den Tempi bestimmen ihr kompositorisches Schaffen. Sehr bildgewaltig ihre jeweiligen Assoziationen. Die kühle, stille, formlose Stimmung eines kalten Herbstmorgens in „Herbstnebel“, oder ein „froschiges“ Stück namens „Frosch“, ein ganzes „Piano-Punk-Manifest“ in „Twice a Week in Manga-Mode“, oder „Das Postlegendische Syndrom“ und „This Troy“ lassen eine hochkomplexe Innenwelt erahnen, die als kreativer Motor, diese auch schwer zu spielenden Klavierstücke überhaupt erst möglich macht.

Zwischen den 5 Klavierstücken von Lucinda Schönfeld war noch ein besonderer Leckerbissen einbettet: „Occultis“ für 2 Violinen (Theresa Mandlik, Kathrin Wildgans Q11), Cello (Clara Eglhuber 10a) und Singende Säge gespielt von der Komponistin dieses Werkes Elisabeth Fußeder. Der Klang der Streichergruppe verschmolz wunderbar mit den sphärischen Tönen, die man diesem ungewöhnlichen Instrument entlocken kann. Die Reduktion auf ruhige Klangflächen mit spannenden Harmoniewechseln hatte durchaus meditativen Charakter.

Sichtlich bewegt von der Qualität des Dargebotenen bedankte sich Direktorin Andrea Bliese bei allen Komponisten und ihrem engagierten Lehrer.

Lang anhaltenden Applaus für diesen besonderen Abend spendete auch das begeisterte Publikum allen Akteuren und dem Organisator und Initiator dieses Kompositionskurses Rodolphe Haimann. Fazit: Es funktioniert! J.Paul