Rund 80 Mütter und Väter aus der 6. bis 9. Jahrgangsstufe folgten der Einladung von Unter- und Mittelstufenbetreuung zu einem Vortrag mit Austausch über die anspruchsvolle Entwicklungsphase zwischen Kindheit und jungem Erwachsenalter. Die bekannte Freisinger Familien-und Paarberaterin, Supervisorin und Coachin Heidi Schels fesselte ihr Publikum über gut eineinhalb Stunden – und das ganz ohne PowerPoint-Präsentation und gruppendynamische Spielchen. Der Förderverein „Die Camerloher e.V.“ ermöglichte die Durchführung dieser Veranstaltung.

„Was ist die gute Absicht der Pubertät?“ und „Was macht diese Phase mit der Familie?“- informative und praktische Antworten auf diese beiden Fragen standen im Zentrum des kurzweiligen Abends, der von Ernsthaftigkeit und Humor geprägt war. Mit beiden Haltungen lässt sich dieses „Leben zwischen den Zeilen“ gut bewältigen, wie es Heid Schels so treffend bezeichnete.  

Bestens nachvollziehbar aus der eigenen Jugendzeit, nun wieder neu erlebt als Eltern, haben sich die Indikatoren für diese Entwicklungsphase nicht geändert, auch wenn die Pubertät heute bereits in der 5. und 6.Klasse einsetzt: Körperliche, geistige, psychische und soziale Veränderungen gehen einher mit einem neuen, abgrenzenden Kleidungsstil, einer speziellen Zimmergestaltung und der Peergroup als „Übergangsfamilie“. Hormonelle und neurologische Entwicklungsprozesse führen zu teils überraschenden Verhaltensweisen, die Eltern immer wieder herausfordern. Dass diese Prozesse lebensnotwendig sind auf dem Weg zu einer eigenständigen, starken, sozialen Persönlichkeit, war eine der Kernbotschaften von Heidi Schels. „Pubertät ist keine Erkrankung“, man solle sich freuen, was aus den Kindern geworden ist, ermunterte die zweifache Mutter.

Anhand von bunten Seilen für die verschiedenen Lebensphasen und –stränge, mit Hilfe von Puppen für das soziale Umfeld oder Kleidungsstile, mit symbolischen Gegenständen wie Zigaretten oder einer Bierflasche veranschaulichte die Diplom-Sozialpädagogin die Dynamik und Buntheit dieser spannenden Entwicklungsphase. Irritierendes und Verletzendes möglichst mit Abstand zu nehmen, sich nicht in den Konflikt des Pubertierenden mit dem je eigenen Verhalten hineinziehen zu lassen, waren nur zwei wertvolle Tipps, von denen die Referentin aus eigener Erfahrung wusste, dass sie leichter gegeben, als umgesetzt sind. Dennoch: die Gesprächskanäle offen, aber Fehler machen und doch das Sprungtuch für Risikoverhalten aufgespannt lassen, erscheinen als einleuchtende Voraussetzungen, um in der Spannung zwischen Loslassen und Haltgeben in Beziehung zu bleiben.

„Der Vortrag war wunderbar. Frau Schels hat einfach die Begabung, dieses nicht immer lustige Thema mit Humor aufzubereiten“, so die Mutter eines Neuntklässlers. Damit traf sie auch die zentrale Intention der Referentin: Gelassenheit angesichts deutlicher Umbrüche in dieser wichtigen Familienphase zu vermitteln, die Fähigkeit zur Distanzierung bei gleichzeitigem Angebot von Nähe und Geborgenheit zu behalten, und das Zugeständnis den eigenen Kindern und auch sich selbst gegenüber, Fehler machen zu dürfen, waren Heidi Schels besonders wichtig. Das Wichtigste sei es, in Beziehung zu bleiben auch wenn sich deren Ausgestaltung verändere. So entließ die erfahrene Familienberaterin die Eltern mit der ermutigenden Bitte: „Bleiben Sie dran, dass Ihre Kinder immer zu Ihnen kommen können!“

Thomas Gottfried