Der Deutschlehrplan der 10. Klasse sieht das Thema „Aufklärung“ als Literaturepoche vor und streift damit auch am Rande das Anliegen des Freiherrn von Knigge. Mit seinem 1788 Hauptwerk „Über den Umgang mit Menschen“ wollte er eine Aufklärungsschrift für Taktgefühl und Höflichkeit im Umgang mit den Generationen, Berufen, Charakteren schaffen, die Menschen aller Schichten angemessene Umgangsformen vermitteln und damit auch Enttäuschungen und Faupas im Umgang mit anderen ersparen sollte.

Auf Schülerwunsch fand am 25. und 26. Juli 2017 für zwei 10. Klassen ein Knigge-Seminar statt. Als kompetente Trainerin konnte Frau Vera Reich, Knigge-Coach und langjährige Camerloher- Schülermutter, gewonnen werden. Einen kleinen Eindruck der Kursinhalte vermittelt der Bericht von Lena Meyer, Lea Schimke und Luca Kosina (alle 10D):

„Business wear, smart casual, buisness casual – ein Labyrinth, in dem man ohne den rettenden Faden verloren ist. Wann muss ich mich rechts stellen, wie begrüße ich richtig und wo liegt eigentlich der Unterschied zwischen dem französischen und dem spanischen Gesteck?

Bewaffnet mit Perücken, einem Kunstbart und jeder Menge Humor gab uns Vera Reich am Projekttag 2017 einen je halbtätigen Schnellkurs zum Thema „Benimm ist in“. Natürlich kennt man die ein oder anderen gesellschaftlichen Normen, wie zum Beispiel, dass man beim Vorstellen immer den Artikel vor seinem Namen weglassen, im Smalltalk nicht über Religion, Krankheiten oder Politik sprechen sollte oder auch, was die Körpersprache über die eigene Einstellung verraten kann. Doch auf der anderen Seite gab es mehrere Regeln, von denen wir so noch nicht gehört hatten oder auch Etikette, auf die keiner von uns bis jetzt geachtet hatte. Wusstet ihr zum Beispiel, dass der Kellner in einem Restaurant daran, wo die Besucher stehen, erkennt, wer der Gast und wer der Gastgeber ist? Wird man eingeladen, sollte man sich immer rechts von seiner Begleitung positionieren. Sicher kennt ihr es auch, wenn man an Neujahr mit Freunden oder der Familie anstößt. In einem feinen Restaurant oder bei einem Firmenessen sollte man allerdings darauf verzichten und den Stoß lieber nur andeuten. In drei Schritten prostet man sich zu: Erst wird das Glas angehoben, alle reihum angeschaut, dann kann der Gastgeber einen kurzen Trinkspruch loswerden, nach dem Trinken wird das Glas allerdings noch einmal angehoben, mit allen ein zweites mal Blickkontakt aufgenommen und erst dann abgestellt. Sicher, jeder hat ein anderes Esstempo, allerdings sollte man sich immer dem der anderen anpassen. Langsamesser, um den zeitlichen Ablauf nicht zu gefährden; Schnellesser, um sich der Gesellschaft anzupassen. Für Hungrige ist ein feines Geschäftsessen also eher nichts. Zum einen darf das eigene Messer den Brotauftrich im Schälchen nur einmal berühren, mit dem Vorlegebesteck darf man mehrmals nachnehmen. Auch brauchen sich Jugendliche ab 16 Jahren, nicht mehr dutzen zu lassen. Doch wie macht man das dem Gegenüber charmant und souverän deutlich? Erst für das Duz-Angebot bedanken und dann lächelnd klarstellen, dass man lieber beim „Sie“ bleibt.“

Frau Reich, die hauptberuflich professionelle Business-Knigge-Kurse anbietet, erhob von jedem Schüler lediglich 10 Euro „Kursgebühr“, die vollständig der Freisinger Tafel gespendet werden konnten. Martina Wildgruber