„Deutsche sind Kartoffeln“ – Mit der für Deutschland typischen Knolle bezeichnen Menschen mit Migrationshintergrund immer wieder sog. „Bio-Deutsche“. Es klingt nicht schmeichelhaft und ist – in den meisten Fällen - auch nicht so gemeint, jedoch stecken in der Abwertung häufig Diskriminierungserfahrungen von Zugewanderten. Sie erleben, dass gebotene Möglichkeiten von Kategorien wie Geschlecht, Hautfarbe, sozialem Status oder Religion abhängen und daher manche Menschen von Geburt an in unserem Land bessere Chancen haben als andere.

Darüber unterhalten sich in der online-Perfomance das deutsche Arbeiterkind Lotte (Theresa Mandlik) und das Migrantenkind Sevil (Viktoria Lewowsky) – eine Diskussion, die dazu führt, dass sie ihre eigenen Prägungen hinterfragen.

Diese „Lecture Performance“ der Domberg-Akademie zu den Themen Privilegien und Diskriminierung wurde am Donnerstag, den 08. Dezember 2022 in der Klasse 10a aufgeführt. In der online-Zuschaltung entwickelte sich das Gespräch zwischen den beiden Protagonistinnen, die sich darüber austauschen, wie ihr familiärer Hintergrund und Aufwachsen ihre Identität beeinflussen. Dabei erlebt nicht nur Sevil Vorurteile aufgrund ihrer Religion und ihrer zugewanderten Eltern, auch Lotte erfährt in ihrem Leben Zurück- und Herabsetzung, einfach weil sie eine Frau ist oder ihr als Studentin aus einer Arbeiterfamilie weniger zugetraut wird. Das Nachdenken der beiden Frauen über ihre Position und ihre Chancen in der deutschen Gesellschaft ist angereichert mit aktuellen Forschungsergebnissen. Die Mischung aus Vortrag und theatralen Elementen ist äußerst attraktiv und kurzweilig für Jugendliche.

Die Zuschauer*innen der Live-Performance erfahren nicht nur viel zu dem Thema, wie Deutschland mit Diversität umgeht, sondern sie werden auch eingeladen, über digitale Tools mitzuwirken oder über ihre eigenen Privilegien nachzudenken. Im sich anschließenden Nachgespräch können direkt Fragen an die Schauspielerinnen gestellt werden. Besonders gewinnbringend war, dass die Regisseurin des Stücks Magdalena Falkenhahn zu Gast war und zu Genese und Intention der Performance erzählen konnte. So entwickelte sich ein lebendiger Austausch zwischen Schauspielerinnen, Regisseurin und Schülerinnen und Schülern zum Status quo der deutschen Gesellschaft, zu Teilhabe und Bildungschancen, zu Privilegien und Benachteiligungen.

Denn es soll ja schließlich darum gehen, Vorurteile abzubauen, das Verständnis füreinander zu fördern, Gräben zwischen unterschiedlichen Gruppierungen zu verkleinern – und aus deutschen „Kartoffeln“ dann eben „Süßkartoffeln“ zu machen! Zum Schluss der Veranstaltung war sich die Klasse 10a einig: „Es ist total wichtig, dass man über solche Themen spricht – und Schule ist ein sehr geeigneter Ort dafür!“

 

Silke Hatzinger