Die Schülerinnen und Schüler der Q12 nahmen am Vortrag „Recht und Gerechtigkeit“ mit Pedro Holzhey teil. Dieser ist Gründungsmitglied und Vorsitzender des Vereins SET-FREE e.V., welcher in der Straffälligenhilfe tätig ist. Der Referent selbst war viele Jahre inhaftiert und kennt somit den Alltag in einem Gefängnis ganz genau. Den Verein gründete er noch von seiner Zelle aus und baute außerhalb ein geeignetes Netzwerk auf. Sein Ziel, für das er eintritt, ist ein verantwortungsvolles und selbstbestimmtes Leben für Häftlinge.

Pedor Holzhey klärte die Schülerinnen und Schüler über Mängel des Strafvollzugssystems auf, in dem die Resozialisierung oft zu kurz komme und die Zahl der erneut Straffälligen bei ca. 55% - bei Jugendlichen sogar bei 75% - liege. Holzhey zufolge führt die Kombination von „Soft-Faktoren“ wie Diskriminierung, Missbrauch, Verwahrlosung etc. zu Selbstwertdefiziten, die wiederum oft zu Kriminalität führten. Durch den Verein wird versucht, durch eine lange Betreuung von Beginn der Inhaftierung bis zur Entlassung und darüber hinaus mit festen Ansprechpartnern beim Aufbau eines normalen Lebens und beim Ankommen im Alltag zu unterstützen. In einem Film wurden verschiedene Arten des Strafvollzugs erklärt, darunter der offene Vollzug mit weniger Sicherungsmaßnahmen, der recht Erfolg versprechend scheint, aber nur in 15% der Fälle für kurze Zeit Realität wird. Besonders interessant fanden die Schülerinnen und Schüler den Vollzug in freien Formen, der im Seehaus Leonberg, einer Vollzugsanstalt für Jugendliche, stattfindet. Hier gibt es keine vergitterten Fenster oder abgeschlossene Türen, das Konzept beruht auf Regeln und Teilhabe an der Gesellschaft. Auch erzählen die beiden ehemaligen Häftlinge Steve und Lynn ihre Geschichten und den schwierigen Weg ihrer Resozialisierung, denn durch Entstehung von Subkulturen, Separieren und Isolierung könne die Welt nach der Entlassung überfordernd sein. Pedro Holzhey beantwortete alle aufkommenden Fragen und es fand ein reger Austausch statt. Er berichtete über seine eigenen Jahre in Haft, über die Unterbesetzung der Justizvollzugsbeamten, der Sozialarbeiter und Psychologen. Er gab Auskunft in Bezug auf Untersuchungshaft, seine Jobs im Gefängnis und den Kontakt zu Familienmitgliedern. Er sieht es als Notwendigkeit an, dass die breite Gesellschaft besser informiert sein muss, da sie die Grundlage für Politik und somit schlussendlich für die Strukturierung von Strafvollzug verantwortlich ist. Er meinte, diese solle den Inhaftierten mehr begegnen, die Häftlinge sollen Vorbilder haben, weshalb auch die Straffälligenhilfe gefördert werden sollte. In einer Feedbackrunde wurde deutlich, dass die Schülerinnen und Schüler dankbar für Pedros Mut sind und dass sie sehen, wie wichtig das Thema besonders im Jugendalter ist. Pedro Holzhey beendete den Vortrag mit den Worten: „ Wir brauchen nicht bessere Gefängnisse, sondern etwas Besseres als Gefängnisse.“

 

Katrin Benditz, Q12