Seit vielen Jahren macht das „modern studio freising“ mit seinem „Literarischen Herbst“ im Café Camerloher Station. Viele namhaft Autoren und Poeten lasen im Musischen Camerloher-Gymnasium schon. Aber ein Georg-Büchner-Preis-Träger war noch nie unter ihnen. Mit Jan Wagner gastierte am Donnerstagabend ein solcher im Café Camerloher.

Der Georg-Büchner-Preis ist die wichtigste Auszeichnung für einen Literaten in Deutschland. Jan Wagner ist darüber hinaus etwas Besonderes. Er erhielt die Auszeichnung für seine Lyrik. Das komme äußerst selten vor, dass ein Lyriker ausgezeichnet werde, meinte Martin Wildgruber, der im Namen der Fachschaft Deutsch des Camerloher-Gymnasiums Jan Wagner begrüßte und sich dabei auch bei Irmgard Koch und Helma Dietz von „modern studio freising“ für die Organisation bedankte.

Als Germanist ist man natürlich schon geneigt, einem leibhaftigen Büchner-Preis-Träger mit tiefer Ehrfurcht und vor allem großen Respekt entgegenzufiebern. Aber der 47-jährige sehr jugendlich wirkende Star-Literat zeigte im Café Camerloher keinerlei Starallüren, ganz im Gegenteil. Er suchte sofort das Gespräch mit dem Publikum, ehe die Lesung begann. Also ein Star zum Anfassen, der nach der Lesung geduldig seine Bücher signierte und mit seinen Fans plauderte.

Mit seiner starken Bühnenpräsenz und seiner exzellenten Gabe Gedichte aber auch Essays aus seinen vielen Veröffentlichungen vorzutragen, zog er die rund 200 Zuhörer im Café Camerloher sofort in seinen Bann. Es ist ein Kunstgenuss, ihm zuzuhören und zwischen den Gedichten einiges aus seinem Leben zu erfahren. Seine Lyrik beschäftigt sich mit Alltäglichem, mit Kleinigkeiten wie beispielsweise seine Tiergedichte. Wagners Umgang mit der Sprache ist genial, phantasievoll mit immer wieder überraschenden Wendungen, die oft zum Schmunzeln einladen, aber dann sofort auch zum Nachdenken auffordern. Auf die Frage aus dem Publikum, ob es von ihm auch traurige Gedichte gebe, sagte er: „Tiefschwarze Gedichte schreibe ich nicht. Ich bin selten traurig.“ Jan Wagner ging auf viele Fragen aus dem Publikum ein und gab dabei einen Einblick in sein Schaffen.

Und dann wartete auf Jan Wagner noch eine sehr große Überraschung. Das P-Seminar „Illustration“ des Camerloher-Gymnasiums hatte einige seiner Gedichte illustriert und die Radierungen in einem aufwändigen Verfahren gedruckt. Die Ergebnisse konnte das Publikum vor und nach der Lesung im Café Camerloher begutachten. Die Schülerinnen und Schüler hatten sich rund ein Jahr mit dem Thema beschäftigt. Die Radierungen stellen nicht eine einfache Visualisierung der Gedichte dar, sondern demonstrieren eindrucksvoll, dass sich die jungen Künsterlinnen und Künstler sehr intensiv mit Wagners Gedichten beschäftigt hatten und diese in ihren anspruchsvollen Radierungen interpretierten. Zoe van der Horst, eine der P-Seminar-Teilnehmerinnen, erläuterte kurz das Entstehen, bedankte sich bei Kursleiterin Judith Treimer-Schebler und vor allem auch beim „modern studio freising“ für die perfekte Zusammenarbeit.

Das Seminar überreichte Jahn Wagner die Radierungen in einem großen Buch. Der Büchner-Preis-Träger zeigte sich sichtlich berührt. „Ich fühle mich sehr geehrt“, war er so überrascht, dass der Sprachkünstler einen Augenblick benötigte, um die passenden Worte zu finden. „Ich bin überwältigt über dieses phantastische und großartige Geschenk.“ Langanhaltender Applaus für Jan Wagner und seiner exzellenten Lesung im Café Camerloher.

sp