Vor fünf Jahren hat Rosmarie Steiniger CHEMISTREE gegründet. Seitdem schreibt sie eine kontinuierliche Erfolgsgeschichte, an der sie als Role-Model rund 80 Schülerinnen und -Schüler aus der Q11 teilhaben ließ.

„Wir bringen in Unternehmen die passenden Menschen zusammen. So wie Parship – nur nicht romantisch …“ Mit diesem Satz brachte Rosmarie Steininger, Gründerin und Geschäftsführerin der Chemistree GmbH in München, ihre Geschäftsidee anschaulich auf den Punkt und hatte zugleich die Lacher und die Aufmerksamkeit des Publikums auf ihrer Seite. Rund 80 Schülerinnen und Schüler der Q11 waren der Einladung von Katrin Westermeier und der IHK für München und Oberbayern gefolgt und wollten Frau Steininger kennen lernen und dabei vor allem erfahren, was sie daran fasziniert, Unternehmerin zu sein. „Die Selbstständigkeit als berufliche Option kann gar nicht früh genug in die Köpfe der Jugendlichen, insbesondere der Mädchen gepflanzt werden“, betonte Elfi Kerschl, IHK-Referatsleiterin für Fachkräfte, Weiterbildung, Frauen in der Wirtschaft und Initiatorin der Einladung: „Deshalb haben wir die Reihe ‚Unternehmerinnen machen Schule‘ entwickelt.“ Im Rahmen dieser Reihe besuchen Unternehmerinnen den Schulunterricht, erklären ihr Geschäftsmodell, beschreiben, was das Unternehmerinnentum ihnen bedeutet, was sie daran begeistert, und wirken so als Role-Model für zukünftige junge Gründer – und vor allem eben auch Gründerinnen.

Warum es gerade auch Mädchen zu ermutigen gilt und warum sie deshalb auch der Einladung der IHK immer wieder gern folgt, begründete Katrin Westermeier in ihrer Anmoderation: „Mädchen haben genauso viele Talente wie Jungen, glauben aber viel weniger an sie und damit auch an sich. Das hat eine der letzten Pisa-Studien ergeben – dies ist schade und versperrt den Mädchen Möglichkeiten und Chancen. Mit Unternehmerinnen, die ihre Geschichte erzählen, können wir hier ein Gegengewicht setzen und Vorbilder zeigen. “ Elfi Kerschl ergänzte: „Mit Rosmarie Steininger lernt ihr zudem eine Unternehmerin kennen, die überaus erfolgreich in einer Branche ist, die bislang immer noch männerdominiert ist – nämlich auf dem Feld der IT und der künstlichen Intelligenz.“

Und dann ging es auch schon los. Rosmarie Steininger erzählte zunächst ihren Werdegang: Nach der Schule lernte sie den Beruf der Fremdsprachenkorrespondentin, machte dann berufsbegleitend ihr Abitur nach und studierte Wirtschaftsinformatik zunächst in Regensburg, dann in London. In London jobbte sie zeitweise sogar im Unterhaus. Dass sie für den London-Aufenthalt ein Stipendium hatte, erwähnte sie ebenfalls – und empfahl diesen Weg der Finanzierung von Auslandsaufenthalten bzw. Bildungsabschnitten auch gleich den Jugendlichen. Zurück in Deutschland heuerte sie bei BMW an, begann dort, sich mit Big Data und Algorithmen zu beschäftigen, wechselte später in die BWM-eigene Eberhard von Kuenheim Stiftung. Im Jahr 2017 zog es sie schließlich in die Selbstständigkeit. Die Faszination für Big Data und Algorithmen wurden zur Grundlage der Chemistree GmbH: „Wir bringen im beruflichen Kontext Menschen auf Basis der Daten zusammen, die sie uns zur Verfügung stellen: Mentoren und Mentees, Führungskräfte und neue Mitarbeiter und viele mehr.“ Die Kunden sind Universitäten, Unternehmen, Messen, Kommunen oder Netzwerke. „Wichtig ist uns, dass wir nach klaren, ethischen Regeln arbeiten: Wir sind komplett transparent, wir gestalten die Algorithmen so, dass sie die Wirklichkeit möglichst wenig verzerren, also frei sind von Vorfestlegungen sind, die Datenhoheit ist zu 100 Prozent bei den Teilnehmerinnen.“ Diese Geschäftsidee und Regeln kamen im Markt gut an – inzwischen beschäftigt Steininger schon mehr als 15 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Doch nicht nur ihr Erfolg bestätigte ihr, dass die Entscheidung für die Selbstständigkeit richtig war: „Ich schätze vor allem die Freiheit, die mir das Unternehmerinnentum gibt, ich gestalte frei, bestimme selbst, bin unabhängig.“

Offen erzählte Steiniger auch, wie sie arbeitet: „Ich habe die ersten Notizen zu meinem Unternehmen per Hand in einem Notizbuch gemacht.“ Bis heute schreibe sie die ersten Ideen zu neuen Projekten analog auf Papier auf. „Das hilft mir, das Projekt klarer zu strukturieren.“ Sie schätzt und realisiert flache Hierarchien, sie und ihre Beschäftigten arbeiten auf Augenhöhe. Was die besondere praktische Herausforderung an ihrer Arbeit ist, erklärte sie den Jugendlichen anhand der Kleiderschrank-Übung. Gemeinsam erarbeiteten sie, was alles in die Entscheidung einfließt, die Menschen morgen zu ihrer Kleidung treffen: von den Farbvorlieben über die Laune bis zum Wetter. „Daraus könnt ihr ableiten, mit wie vielen Informationen ein Algorithmus gefüttert werden muss, bevor er uns einen weitgehend unverzerrten Vorschlag machen kann.“ Sie ergänzt: „Um treffsichere Matchings zu erreichen, braucht es also Informationen aus vielen verschiedenen Disziplinen: Psychologie, Soziologie, Ökonomie und vieles mehr. Es ist einer unserer wichtigsten Jobs bei Chemistree, für unsere Algorithmen möglichst umfassenden Input zu entwickeln und anzuwenden.“

Schließlich folgte die Nagelprobe: Wie viele von den anwesenden Jugendlichen sich denn ebenfalls eine Selbstständigkeit vorstellen könnten? Es zeigten erstaunlich viele Jugendliche auf – mit bereits klaren Vorstellungen wie „Ich studiere Landschaftsarchitektur und gründe dann meine eigene Firma“ oder „Ich will als Künstler arbeiten, das geht nur freiberuflich.“

Und nicht zuletzt konnten die Schülerinnen und Schüler auch noch ihre Fragen an Rosmarie Steiniger loswerden.

Das führte auch gleich zum Schlusswort: „Traut euch was zu, die Wirtschaft braucht euch, also lasst euch nicht abhalten, Mut zusammennehmen und los geht‘s.“

Gabriele Lüke, IHK

Katrin Westermeier, KBO