Auch in diesem Jahr waren kunstinteressierte Schülerinnen und Schüler der 7. bis 10. Klassen mit den Kunstpaten unterwegs. Das Projekt ermöglicht Jugendlichen in ihrer Freizeit einen intensiven Kontakt mit Kunst:
Sie begegnen Patinnen und Paten aus den Bereichen Bildende Kunst, Medienkunst, Film und Architektur, besuchen Museen und Hochschulen und gelangen dabei an Orte, die normalerweise nicht öffentlich zugänglich sind – etwa in die Archive Münchner Museen oder in die Hochschule für Fernsehen und Film, wo im letzten Jahr ein Kurzfilm entstand. Die Kunstpaten ermöglichen Einblicke in ihre Arbeit, in der gemeinsamen Auseinandersetzung über Kunst und Architektur, aber auch im praktischen Tun.
In diesem Jahr ging es an die Kunstakademie München, wo die Künstlerinnen Lilian Polosek und Martina Tiefel der kleinen Gruppe von Kunstinteressierten das Cyanotypie-Verfahren zeigten. Dabei wird eine chemisch beschichtete Fläche durch Sonnenlicht belichtet – Pflanzen, Gegenstände, der eigene Körper oder eigene Vorlagen dienen als Schablone und hinterlassen Bildspuren.
Unsere Patinnen führten uns in ihr Klassenzimmer – den Raum der Klasse Rogg. In diesem Raum konnten wir die völlig unterschiedlichen Arbeitsplätze der Studierenden sehen, zudem finden hier auch die Klassenbesprechungen statt. Die Patinnen erzählten von ihrem Studium in der Klasse für Kunstpädagogik im Quereinstieg, in der alle bereits professionelle Künstler*innen sind und sich auf das Examen in Kunstpädagogik vorbereiten.
Für unseren Besuch war ein großer Tisch vorbereitet worden, die Fenster waren abgedunkelt, damit kein Sonnenlicht in den Raum fiel. Die Patinnen stellten das Verfahren vor und zeigten an eigenen Werken, wie sie die Cyanotypie für ihr künstlerisches Arbeiten nutzen. Gemeinsam rührten wir die natürlichen Chemikalien an und dann konnten die beschichteten Papiere in verschiedenen Formaten beschichtet werden. Dabei wurde jedes Blatt bereits durch den Auftrag gestaltet. Während die Blätter trockneten, unternahmen wir einen Rundgang durch die Akademie. Im Garten tauschten wir erste Eindrücke aus, bevor die Teilnehmenden selbst auf Entdeckungstour gehen durften, um spannende Objekte für ihre Cyanotypien zu sammeln – Pflanzenteile, Werkstattreste und andere interessante Fundstücke. Dann wurde es ernst: Lichtgeschützt in Mappen brachten wir die vorbereiteten Blätter nach draußen. Aus den Fundstücken mussten sehr zügig Kompositionen auf den Papieren gelegt werden, die in der Sonne belichtet wurden. Nach wenigen Minuten konnten die Bilder im Wasserbad entwickelt und fixiert werden – ein magischer Moment, in dem sich die Blätter blau färbten und die Objekte in Abstufungen zwischen Weiß und hellen Blautönen erschienen.
Zum Abschluss wurden die fertigen Bilder im Akademiegarten aufgehängt, gemeinsam betrachtet und besprochen. Danach durften sie mit nach Hause genommen werden – auch als Andenken an einen besonderen Tag mit exklusiven Einblicken in das Arbeiten an der Kunstakademie.
Judith Reichardt