Seit der Entstehung des Förderprogramms „takeoff“ im Schuljahr 2012/13 fand sich dieses Jahr zum ersten Mal eine Gruppe zusammen, die ausschließlich aus Schülerinnen besteht. In jedem Jahr gibt das Programm besonders engagierten und interessierten Schülern aus der 8. bis 10. Jahrgangsstufe die Möglichkeit, selbst Projekte zu entwickeln, zu planen und vor allem durchzuführen.
Zu Beginn des Schuljahres traf sich unser Team und diskutierte über die Auswahl des diesjährigen Projekts. Bei einem ersten Brainstorming fanden besonders Themen im Bereich Fotografie, Film und Malerei Anklang. Schließlich konnten wir uns auf eine Kombination aus diesen Elementen einigen: eine multimediale Kunstausstellung. Glücklicherweise ist unser begleitender und beratender Lehrer Herr Schebler selbst auch Kunstlehrer und konnte uns somit bei diesem Vorhaben optimal unterstützen. Trotzdem hatten wir noch immer keine genaue Vorstellung davon, wie wir an eine solche Aufgabe heran gehen sollten.
Der erste wichtige Schritt war daher der „Kunsttag extrem“, an dem wir Ideen und Eindrücke sammeln und gedankliche Anregungen bekommen konnten. Mit der S-Bahn fuhren wir nach der Schule nach München, um das Lenbachhaus zu besichtigen. Unterwegs machten wir mehrmals Halt und ließen uns von den von Künstlern gestalteten U-Bahnhöfen inspirieren. Besonders interessant war beispielsweise die Gestaltung der U-Bahnstation Westfriedhof. Überdimensionale „Wärmelampen“ tauchen den Bahnsteig in ein angenehm warmes Licht und wirken der Hektik einer Großstadt entgegen. Gleichzeitig erzeugen die Lampen eine Art Scheinwerferlicht, das den Passanten das Gefühl gibt, sich auf einer Bühne zu befinden. Aber auch Olaf Metzels Design aus Autobahnleitplanken am U-Bahnhof OEZ hinterließ einen bleibenden Eindruck.
Angekommen im Lenbachhaus teilten wir uns in kleinere Gruppen auf und beschäftigten uns mit Ausstellungsstücken, die uns besonders ansprachen oder beschäftigten. Die Gruppen stellten die Arbeiten den anderen vor und es entwickelten sich interessante Diskussionen.
Nach dem Chillen in der Akademiecafeteria trafen wir den Künstler und Galeristen Peter Reill, der uns das Berufsbild des Galeristen und seine aktuelle Ausstellung vorstellte. Der „Kunsttag extrem“ klang aus mit einem Besuch der Eröffnung der Examensausstellung in der Akademie der Bildenden Künste. Geführt wurden wir von Angela Neumair, einer Studentin der Akademie, diedieses Schuljahr als Praktikantin am Camerloher tätig war. Besonders beeindruckt waren wir von der komplexen Videoinstallation Judith Reichardts, die selbst Schülerin am Camerloher war.
Bei einem weiteren gemeinsamen Ausflug bekamen wir einen Einblick in die derzeitige Ausstellung im Schafhof zum Thema „Die Grenze ist offen...“. Hilfreich für unser eigenes Projekt waren hierbei einerseits die Gespräche, die wir mit Eike Berg, dem Leiter des Künstlerhauses, führen konnten. Andererseits zeigte uns die Ausstellung, wie man digitale oder sogar akustische Ausstellungsstücke präsentieren kann. Inspiriert vom Jahresthema „Sound“ des Schafhofs begannen sich nun die ersten Projektideen zu bilden. Als Schüler eines musischen Gymnasiums war die Verknüpfung von Musik und Kunst für uns natürlich sehr geeignet. Nach und nach entstanden schließlich eigene Werke auf zeichnerische, plastische, sowie foto- und videotechnische Weise. Eine Schülerin entwickelte beispielsweise ein Musikinstrument aus Haushaltsgegenständen, während andere es sich zur Aufgabe machten, die enge Beziehung zwischen visuellen und akustischen Sinneseindrücken zu veranschaulichen. Nach gewisser Zeit fühlten wir uns jedoch durch die Vorgabe eines musikalischen Bezugs eingeschränkt und lösten uns daher von diesem Sammelbegriff. (Nathalie Schulze)
In den Galerieräumen des Camerloher-Gymnasiums werden nun die entstandenen Arbeiten ausgestellt. Ihrem ursprünglichen Projekt treu geblieben ist Carla Fuchs, die aus drei Putzeimern, Klebeband und Draht ein interessantes Musikinstrument baute, dessen schräge Töne durch das Schulhaus klingen und die Gäste zur Ausstellung führen. Durch das Fenster des ehemaligen Pausenverkaufsraums empfängt den Besucher die großartige Installation von Evelyn Buchberger und Helene Schaller. Aus hunderten Zahnkränzen von Fahrädern haben sie eine überlebensgroße Figur an der Wand geformt, die sich in dem Raum vergeblich aufzurichten versucht. Beim Betreten des Galerieraums werden die Besucher von Ronja Auers Vitrine angelockt, in der sie aus Lollis, Bonbons und Schokolade eine traumhafte Süßigkeitenlandschaft gebaut hat. Gegenüber im Schrank zeigen Charlotte von Urff und Nele Heiland ihre Videoarbeit „isolated“. Der Zuschauer sieht idyllische Landschaften und Stadträume vorüberziehen, während die Tonspur nur die Geräusche eines fahrenden Autos oder einer Straßenbahnwiedergibt. Im zweiten Raum präsentiert Fiona Gruber eine Lichtinstallation. Auf zwei Tageslichtprojektoren stehen verschiedene Gläser mit gefärbten Flüssigkeiten, die das Licht brechen. An der Wand bildet sich so ein faszinierendes abstraktes Farbenspiel. Eine Computerstimme führt den Besucher zur Arbeit von Isabelle Sohling. Sie hat verschiedene Clips , die Motive aus Kreta und Bayern, aus der Antike und der Jetztzeit, so aneinander geschnitten, dass Bild und Ton gegeneinander verschoben sind. So entstehen neue, überraschende Assoziationen. Verabschiedet wird der Besucher von den vier auf Leinwand ausgedruckten Fotos von Elsa Dombrowski. Sie hat verschiedene Tanzfiguren unter Schwarzlicht mit einer Langzeitbelichtung festgehalten. (Gerhard Schebler)