Prof. Ludwig Zehetner, die ausgewiesene Koryphäe auf dem Gebiet der bairischen Dialektologie schlechthin, war am vergangenen Donnerstagabend zu Gast am Camerloher-Gymnasium. Er ging vor vielen wissbegierigen Zuhörern der Frage nach, ob Bairisch ein Dialekt oder doch eine eigenständige Sprache ist.
Wer sich in irgendeiner Weise mit dem bairischen Dialekt beschäftigt, kommt an Prof. Ludwig Zehetner nicht vorbei. Sein berühmter „Zehetner“ ist das große Nachschlagewerk für alle bairischen Begriffe. Der Kontakt zu Prof. Zehetner ist über seinen ehemaligen Schüler und jetzigen Lehrer am Camerloher-Gymnasium entstanden. Sie haben per Zufall vor einiger Zeit wieder Kontakt zueinander. Zehetner ist aber auch der Einladung an Camerloher gerne gefolgt, weil er ein gebürtiger Freisinger ist und an der ehemaligen Oberrealschule sein Abitur gemacht hat.
Der 76-jährige Prof. Zehtner ging in seinem Vortrag einerseits mit wissenschaftlicher Exaktheit auf viele Besonderheiten und Eigenarten des bairischen Dialekts, unterhielt aber andererseits seine Zuhörer mit vielen Sprachbeispielen und auch der einen oder anderen Anekdote aus seinem Leben. Was das Lautsystem, die Grammatik und den Wortschatz angeht, gibt es für Prof. Zehetner keinen Zweifel, dass das Bairische eine eigenständige Sprache ist. Was freilich fehlt, sind die Normierungen, vor allem eine gültige Rechtschreibung, also die „Verchulmeisterung“, wie es Zehetner bezeichnete. „Deshalb kann nur bedingt von einer eigenständigen Sprache gesprochen werden. Damit müssen wir uns wohl abfinden.“ Einige Zuhörer befürchteten, dass das Bairische bereits tot sei. Zehetner teilt diese Befürchtung, appellierte in diesem Zusammenhang an alle Bairisch Sprechenden: „Wir müssen dafür sorgen, dass das Bairische am Leben bleibt. Es ist ein zu wertvoller Besitz.“ sp