Am Ende hat Dialektpapst Prof. Ludwig Zehetner mit seinem Crashkurs Bairisch perfekte Arbeit geleistet. Die aus Shanghai stammende Chinesin Mei Ding spricht perfekt Bairisch – fast besser als ihr Lehrer, der nur noch begeistert feststellen kann: „Von mir kannst Du nichts mehr lernen.“

Mei Ding putzt im Asia-Shop ihres Bruders, langweilt sich dort und würde lieber eine Fähre über die Donau in Regensburg betreiben. Das Problem dabei: Sie muss der Bairischen Sprach mächtig sein. Also besucht sie einen Crash-Kurs beim bairischen Dialektpapst Prof. Ludwig Zehetner. Der ist keine Erfindung des Autors Joseph Berliner, sondern Ludwig Zehetner, im Stück von seiner Sekretärin Anna liebevoll Luigi genannt, ist leibhaftiger Professor an der Uni Regensburg und bekannt eben durch sein enormes und fundiertes Wissen über die Bairische Sprache. Ludwig Zehetner darf sich also selber spielen, er macht das wunderbar. Er ist im Stück „Mei Fähr Lady“ dafür verantwortlich, dass die Zuschauer viel Wissenswertes über den Bairischen Dialekt erfahren – nicht lehrhaft, sondern unterhaltsam und auf charmante Weise. Die Botschaft von Ludwig Zehtner ist klar: „Lasst das bairische Sprachbiotop nicht austrocknen. Pflegt die bairische Sprache weiter!“

Prof. Zehetner hält in seinem Arbeitszimmer eine tägliche Sprechstunde ab, die von seiner Sekretärin Anna Albertini – aus dem Off gesprochen von Alba Falchi – gemanagt wird. Neben Mei Ding erscheinen dort auch der distinguierter Manager Striede, der für seine Wochenenden einen alten Hof in einem kleinen Dorf gekauft hat und mit den Nachbarn gerne Bairisch reden würden, und ein gealterter französischer Rapper mit Migrationshintergrunde. Er hat sich auf der Regensburger Dult in eine fremdenfeindliche bayerische Kellnerin verliebt. Um sie zu erobern, will er ein paar Brocken Bairisch lernen.

Während sich die beiden Männer – beide Rollen wunderbar gespielt von Titus Horst – mit den Tücken der Bairischen Sprache kämpfen, saugt Mei Ding das Bairische förmlich auf. Eva Sixt als Mei Ding beeindruckte die rund 600 Zuschauer in der Camerloher-Aula. Immer wieder gab es Szenenapplaus. Mei Ding mit ihrer silberfarbenen Perücke und am Ende im Billigdirndl von Norma wird den Freisinger vor allem auch deshalb noch lange in Erinnerung bleiben, weil sie oft in einem atemberaubenden Tempo bairisch sprach, aber mit chinesischer Sprachmelodie. Unglaublich!

Der Abend in der Camerloher-Aula mit dem Regensburger Turmtheater und Prof. Ludwig Zehetner war sicherlich keine Theaterveranstaltung im gewohnten Sinn. Einerseits sorgten die eigenwilligen Schüler des Dialektpapstes durch ihr perfektes Spiel immer wieder für witzige Szenen und damit für das Theaterfeeling, andererseits vermittelte Ludwig Zehetner viel Kurioses und vor allem Wissenswertes über die Bairische Sprache, sodass ganz sicher so mancher Freisinger eingefleischte Dialektsprecher noch etwas dazu lernen konnte. Ludwig Zehetner erläuterte beispielsweise ausführlich, woher der Begriff „Bartel weiß, woher er den Most holt“. Man lernt bereits zu Beginn des Abends, welche Begriffe im Bairischen gar nicht gehen. „Lecker“ ist so einer. Wenn’s dann vielleicht zu Zwistigkeiten zwischen den Menschen kommt, gibt es im Bairischen eine Art Zauberformel: „Basst scho!“ Die stimmt in der Regel versöhnlich.

Wer also in Bayern – wie Mei Ding – überleben, sich integrieren will und mit einer Donaufähre in Regensburg die Menschen von einem Ufer zum anderen befördern will, kommt am Bairischen nicht vorbei. Joseph Berlingers in Szene gesetzte Vorlesung von Ludwig Zehetner war eben nicht trockene, wissenschaftliche Indoktrination, sondern unterhielt mit vielen komödiantischen Momenten die Zuschauer bestens. Völlig zu Recht am Ende langanhaltender Applaus.

Dass die Freising am vergangenen Freitagabend in den Genuss von „Mei Fähr Lady“ kamen ist Franz Mittermaier zu verdanken. Der Camerloher-Lehrer kennt Ludwig Zehetner noch aus Schülerzeiten. Er war in Regensburg sein Lehrer. Auf Einladung von Franz Mittermaier hielt der Dialektpapst im Café Camerloher bereits zwei Lesen. Und daraus entwickelte sich die Idee, das Regensburger Turmtheater nach Freising einzuladen. Die Fachschaft Deutsch und vor allem der Elternbeirat des Camerloher-Gymnasiums waren von der Idee begeistert und organisierten die Veranstaltung.

Wer „Mei Fähr Lady“ in Freising verpasst hat, kann im Oktober (5. - 8. Oktober und 12. -14. Oktober 2017) in der Pasinger Fabrik in Münchner das nachholen. sp