"Wenn man Deutsche einlädt, bringen sie stets etwas mit: Eingekochtes vielleicht oder Eingelegtes, manchmal auch selbstgebackenen Kuchen und in der Regel Nudelsalat. Auch nach dreißig Jahren in Deutschland finde ich Nudelsalat noch immer schrecklich", beginnt die Kurzgeschichte 'Eine deutsche Leidenschaft namens Nudelsalat' des aus Syrien stammenden Autors Rafik Schami. von Katharina Horban

Diese und noch viele andere seiner Geschichten präsentieren acht Schülerinnen vom Camerloher-Gymnasium und drei syrische Flüchtlinge im Rahmen einer arabisch-deutschen Lesung im Nachhaltigkeitszelt auf dem uferlos-Festival in Freising. In den letzten Monaten wurde im Projekt-Seminar unter der Leitung von Silke Hatzinger mithilfe von Rafik Schamis Büchern 'Eine Hand voller Sterne' und 'Eine deutsche Leidenschaft namens Nudelsalat' ein abwechslungsreiches Programm entwickelt.

"Ich arbeite bei Bücher Pustet. Einmal hat mir meine Chefin ein Buch von Rafik Schami gegeben und das war echt interessant!", erzählt Mohammad Al Kassas. Der 25-Jährige kommt aus Damaskus und ist seit knapp zwei Jahren in Deutschland. "Und außerdem bin ich seit sechs Monaten glücklich verheiratet", stellt er sich lachend dem Publikum vor. Nachdem eine Kurzgeschichte über die arabische Erzähltradition in beiden Sprachen vorgelesen wurde, erzählt der junge Mann, wie ihn Geschichten in seiner Kindheit geprägt haben. Seine Oma habe ihm immer Gute Nacht-Geschichten erzählt, diese seien aber in keinem Buch zu finden. Die Geschichten waren die Geschichten seiner Oma.

Rafik Schami erinnert sich in einer Geschichte, wie in seiner Kindheit ein Familienfoto veranlasst wurde. Der Versuch einer Kontaktaufnahme mit einem in den USA lebenden Onkel, der seine Erbschaft regeln wollte, scheiterte und so blieb die Familie in Syrien. Die drei syrischen Flüchtlinge wussten vor ihrer Ankunft auch ein paar Dinge über ihre neue Heimat: "Alles kommt regelmäßig und mit Termin." Die achtzehnjährige Tala Al Housary berichtet von einem Onkel in Deutschland: "Mein Onkel hat mir gesagt: Die Leute in Deutschland helfen viel und sind immer pünktlich." Sie ist gemeinsam mit ihrer Familie geflüchtet und ist seit etwa eineinhalb Jahren hier, heute besucht sie die Integrationsklasse der Wirtschaftschule in Freising. "Ja, also ich kannte die Allianz Arena. Auf einem Spiel war ich auch schon", sagt der sechzehnjährige Adeeb Dahkoul mit einem Grinsen. Damit sei ein großer Traum in Erfüllung gegangen und mit diesem Geständnis hat er auch die Lacher im Publikum auf seiner Seite. Er ist ohne seine Familie nach Europa geflüchtet und geht in die achte Klasse an der Paul-Gerhardt-Schule in Freising. "Aber eigentlich geht´s mir ganz gut", gibt er sich optimistisch.

Eine neue Sprache zu erlernen, ist für jeden schwer: Deutsch stellt dabei eine besondere Herausforderung dar. Die nächste Geschichte des Abends, 'Der Leichenschmaus', beschäftigt sich mit den Eigenarten der deutschen Sprache. Der Autor schildert gekonnt sein Aufeinandertreffen mit der deutschen Sprache und es bleibt stets spannend bis zur nächsten Pointe. So wird beim Lesen der Geschichte die Schülerin oft vom lachenden Publikum unterbrochen. Adeeb erinnert sich an ein Missverständnis: "Mir wurden am Anfang die Wörter 'scheiße' und 'hallo' falsch erklärt. Dann habe ich die vertauscht und die Leute haben mich komisch angeschaut."

Zum Abschluss liest Tala abwechselnd mit einer Schülerin vom Camerloher kurze Beschreibungen der Stadt Damaskus vor: "Das Leben findet in den Innenhöfen statt. Die Straße gehört uns Kindern." Erst auf Deutsch, dann auf Arabisch. Die Syrer im Publikum verstehen es, die anderen lassen sich auf den Klang der Sprache ein. Alle drei Flüchtlinge haben bis zu ihrer Flucht in der syrischen Hauptstadt gelebt und erinnern sich daher gut an das Leben vor dem Krieg. "Wir haben fast immer auf der Straße gespielt. Ich glaube, ihr Deutschen nennt das Verstecken", erzählt Mohammad. Tala gibt zu, dass ihre Lieblingsjahreszeit der Winter sei: "Ich liebe Schnee." Adeeb neben ihr kontert: "Hab ich doch gesagt, Deutschland passt für dich."